Bei einer Routineuntersuchung im Januar 2016 tastete mein Frauenarzt einen Knoten in meiner linken Brust. Die Biopsie kurz darauf brachte Klarheit: Triple-negativer Brustkrebs. Schnell wurde klar, dass ich meine Brüste nicht behalten darf, da man bei mir den BRCA1-Gendefekt diagnostizierte. Das Risiko einer erneuten Brustkrebserkrankung war somit einfach zu hoch. Was also nun tun?
Um mich herum war irgendwie jedem völlig glasklar, was jetzt folgt. Logo! Rekonstruktion! Ist doch heutzutage alles machbar! Gar kein Problem! Oder doch? Mein Bauchgefühl sagte mir, “Lass das!” Aber warum?
Okay, ich steckte während meiner Entscheidungsfindung noch mitten in der Chemo. Ich war bis Oberkante satt von Ärzten, Nadeln, Medikamenten, der Port der viele Probleme machte, Krankenhausaufenthalte, etc … War ich feige, weil sich in mir alles gegen den Gedanken der Rekonstruktion sträubte? Vielleicht muss ich nur den Mut finden, dachte ich zwischenzeitlich! Positiv denken! Jawoll!
Meine Ärztin sagte: “Ab geht immer und geht schnell! Wenn Sie mit dem Aufbau nicht klar kommen, können wir immer noch alles weg machen!” Also gut, dann los! Oder doch nicht …? Ich war unschlüssig. Was war die Alternative? Rekonstruktion mit Eigengewebe ging gar nicht! Mein Körper war von der Chemo eh so arg in Mitleidenschaft gezogen, dass ich mir derart komplizierte Operationen gerade gar nicht vorstellen wollte. Meine Ärztin zeigt mir voller Überzeugung und mit viel Begeisterung sämtliche Silikonkissen. “Schauen Sie doch hier, die Tropfenform! Ganz natürlich!”. Natürlich? Hey, das ist wabbeliges Plastik! Das will mir die Ärztin auf meinen Brustkorb zimmern? Die Gedanken kreisten in meinem Kopf. Viele Nächte ging es hin und her. Was mach ich nur?
Nein! Meine Brüste oder NICHTS! Ich mach das nicht! Ich will das nicht!
Wen kann ich fragen? Mit wem kann ich mich austauschen? Ich suchte im Internet. Vergebens. Ich schien völlig alleine auf weiter Flur. Dann habe ich in einer BRCA-Gruppe Becci kennengelernt. Gleiches Alter, ähnliche Geschichte. Sie erklärte sich bereit, sich mit mir zu treffen und mir von ihrem “flachen” Leben oben ohne zu erzählen. Gesagt getan. Das hat mir so viel Mut gemacht, dass ich voller Selbstbewusstsein wieder zu meiner Ärztin gegangen bin, um ihr meine Entscheidung mitzuteilen. Sie hatte leider wenig bis gar kein Verständnis: “Sie verlangen von mir, dass ich Sie verstümmele?”
Wir diskutierten hin und her, aber letztlich konnte ich ihr meinen Standpunkt einigermaßen klar machen und sie hat mich gut operiert. Aber bis kurz vor der OP ließ sie mir die Möglichkeit mich umzuentscheiden offen …
Foto: privat