Als wir uns 2019 erstmalig getroffen haben, hatten wir eine große Gemeinsamkeit, die uns verband:
Wir hatten uns alle zu einem Leben in Brustlosigkeit entschieden. Und wir hatten eine verbindende Idee – wir wollten akzeptiert werden. Zuallererst einmal in unserer Entscheidung, aber auch im Leben danach. Von unseren Familien, unseren Geliebten, von den Fachleuten und unseren Operateur*innen – und von der Gesellschaft. Wir wollten, dass Brustlosigkeit als Option nach einer Ablatio mammae genauso akzeptiert wird, wie ein Aufbau oder das Tragen von Epithesen.
Dann kamen die Vereinsgründung, viele Formalitäten, viele Entscheidungen, einiges an Aufmerksamkeit und Unterstützung. Der Kreis der Aktiven wurde größer und Verantwortlichkeiten änderten sich. Wir waren in der Öffentlichkeit aktiv und wurden immer häufiger um Rat und um unsere Meinung gefragt.
Aber: Kann ein Selbsthilfe-Verein eine Meinung haben? Kann er Rat geben?
Um diese Frage zu bewegen und zu diskutieren, haben wir uns Anfang Juni 2021 zu einer Klausurtagung getroffen. Ganz in echt in Bremen, nicht digital, wie bis dahin. Es war sehr spannend und sehr berührend auf die Frauen zu treffen, die seit über einem Jahr an einer gemeinsamen Sache arbeiten, sie vorwärts treiben und dafür an unterschiedlichen Stellen einstehen.
Wir haben uns kennengelernt und festgestellt, wie unterschiedlich wir alle sind. Wie divers unsere Motive und wie polar unsere Erfahrungen sind. Und das es nicht DIE brustlose Frau und DIE Brustlosigkeit gibt, sondern dass die Entscheidungen und Wege unterschiedlich sind und auch unterschiedlich sein müssen, weil wir alle Individuen sind.
Dieses gemeinsame Kennenlernen ist in unser Leitbild eingeflossen. Es hat uns noch einmal darin bestärkt, Akzeptanz an die vorderste Stelle zu setzen. Wir wollen akzeptiert werden und wir akzeptieren andere in ihren Entscheidungen. Aber wir wollen auch, dass diese Entscheidungen auf umfassenden Informationen und auf der Selbstverantwortung der Betroffenen beruhen.
Nein, es geht nicht um unsere persönliche Meinung und wir verteilen auch keine Ratschläge. Stattdessen vertreten wir eine Haltung und geben allen Auskunft, die Fragen haben. Und wir stellen uns selbstbewusst in die Mitte der Gesellschaft.
Unser vollständiges Leitbild findest Du hier.
Foto: privat